Esslingen. Die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen im Tierheim auf der Esslinger Neckarinsel machen ihren Job mit viel Idealismus, doch Tierliebe alleine genügt nicht. Um die rund 200 Hunde, Katzen und Kleintiere zu versorgen, fallen laut Bertram Baresel, Vorsitzender des Tierschutzvereins Esslingen, jedes Jahr Kosten in Höhe von rund 540 000 Euro an. Der Verein hatte zuletzt trotz zahlreicher Spenden größte Mühe, diesen Betrag aufzubringen. Wenn sich die Einnahmen nicht deutlich erhöhten, müsse das Tierheim Insolvenz anmelden, hatte Baresel im vergangenen Jahr gewarnt und an die Kommunen im Kreis appelliert, ihre Zuschüsse zu erhöhen. Denn das Tierheim versorgt auch Fundtiere, also herrenlose Vierbeiner, für deren Versorgung laut Gesetz die jeweilige Kommune zuständig ist. Eine Arbeitsgruppe des Gemeindetagskreisverbands hatte deshalb ein neues Finanzierungsmodell entwickelt. Nach den Plänen sollte künftig jede Kommune pro Einwohner einen Pauschalbetrag an das Tierheim überweisen.
Doch diese Idee ist aus mehreren Gründen gescheitert. Zum einen lagen die Vorstellungen über die Höhe der Pauschale weit auseinander: Die Arbeitsgruppe hatte 31 Cent pro Einwohner vorgeschlagen, die Tierschutzvereine hielten 86 Cent für angemessen. Zum anderen hatten einige Kommunen wie Ostfildern oder Baltmannsweiler bereits abgewunken: Ihnen erschienen selbst 31 Cent angesichts der geringen Zahl an Fundtieren als zu hoch. Und schließlich kam noch hinzu, dass sich die Tierfreunde aus Kirchheim und Esslingen nicht grün sind und der Kirchheimer Verein Pläne für ein eigenes Tierheim verfolgt: „Damit gab es für eine kreisweite Lösung keine Grundlage“, sagt der Aichwalder Bürgermeister Nicolas Fink, der die Arbeitsgruppe geleitet hat. Er bedauert das Scheitern ebenso wie der Vorsitzende des Gemeindetagskreisverbands, Peter Jahn: „Eine Flächenlösung wäre für alle das Beste gewesen“, sagt der Denkendorfer Bürgermeister.
Stattdessen will der Tierschutzverein nun allen Kommunen Einzelverträge anbieten. Drei Modelle stehen zur Auswahl: ein „Rundum-sorglos-Paket“, das 75 Cent pro Einwohner kostet und neben der Unterbringung auch die Abholung sämtlicher Fundtiere beinhaltet. Für 62 Cent pro Einwohner können die Kommunen ihre Fundtiere zwar im Tierheim unterbringen, müssen sie aber selbst vorbeibringen. Und schließlich gibt es noch eine Einzelabrechnung: Dabei bezahlen die Kommunen nur, wenn sie tatsächlich ein Tier abgeben. Dann fällt pro Tag ein Beitrag zwischen 3 Euro für einen Hamster und 15 Euro für einen großen Hund an. Sollte das Tierheim überfüllt sein, bestehe bei diesem Modell aber kein Anspruch auf eine Unterbringung, betont Baresel.
Tiere aus Gemeinden, die überhaupt keinen Vertrag haben, werde man künftig konsequent ablehnen, sagt der Vereinsvorsitzende. Das falle den Tierfreunden zwar schwer, „aber inzwischen haben bei uns alle begriffen, dass es ohne Geld auch keine Tierliebe gibt.“ Immerhin ist Baresel überzeugt, dass es auf diese Weise gelingen kann, den Bestand des Tierheims auf Dauer zu sichern. Sollten sich nur wenige Kommunen auf die neuen Verträge einlassen, werde man eben das Personal im Tierheim reduzieren und im Übrigen verstärkt seine Dienste als Tierpension anbieten. „So werden wir finanziell über die Runden kommen“, ist Baresel überzeugt.
Die Städte und Gemeinden müssen nun selbst entscheiden, ob sie den Vertragsbedingungen des Esslinger Tierheims zustimmen oder eine andere Lösung finden. „Letztlich ist die Unterbringung der Fundtiere eine Verpflichtung, der wir uns nicht entziehen können“, weiß der Esslinger Sozialbürgermeister Markus Raab.
